Technisch anspruchsvoll und trotzdem geschmeidig? «Keine Chance» sagen die einen, «klar geht es» sagen die anderen.
Erlaube mir doch zuerst kurz einen Abstecher in die Tierwelt. Denken wir an eine Katze. Wann hast du das letzte Mal eine Katze beobachtet? Flink, sanft und dynamisch bewegt sie sich über Hindernisse, unabhängig vom Schwierigkeitsgrad. Sie nimmt ihren Schwung mit und bleibt selten stehen, bis sie ihr nächstes Ziel erreicht hat. Kraftsparend und Energieeffizient überwindet sie eine Vielzahl von Hindernissen und bringt uns mit ihrer Geschmeidigkeit ins Staunen.
Was steckt dahinter? Das Schlüsselwort ist Schwung, bzw. die Erhaltung des Schwungs. Wenn die Katze bei jeder Stufe ausruhen würde, um sich fit zu halten für die nächste Stufe, wäre das vielleicht gut gemeint doch nicht ganz so clever. Der Schwung ginge bei jeder Pause verloren. Dies hat zwei Folgen: erstens verbraucht die Katze so unnötige Energie, da sie sich für die darauffolgende Stufe wieder voll in Gang setzen müsste. Zweitens: da sie den Schwung nicht mitnimmt, scheitert sie vielleicht sogar gänzlich bei der darauffolgenden Stufe.
Was soll dies mit Biken zu tun haben? Alles! Nimm den Schwung mit, lass es laufen! Schwung hängt von Masse und Geschwindigkeit ab. Deine Körpermasse überwiegt, das Bike ist vernachlässigbar. Konzentriere dich somit auf den Schwung deines Körpers. Es gilt aktiv zu fahren! In einem verblockten Trail, egal ob bergauf, bergab oder geradeaus, triffst du immer wieder auf Kanten, Stufen und Absätze. Abwärts easy, aufwärts hingegen wirst du dadurch ausgebremst oder deine Räder bleiben an der Kante stehen, du verlierst an Fahrt und dein Schwung ist alle. Hast du den Blogeintrag «der liebe Federweg» schon gelesen? Da wird unter anderem erläutert, dass sich Bike und Biker unabhängig voneinander bewegen und dass Beine und Arme als erweiterter Federweg dienen. Hier ergänze ich: diese unabhängige Bewegung gilt nicht nur auf der Vertikale, sondern auch für der Horizontale und natürlich auch in allen anderen Kombinationen. Wenn du alle Freiheitsgrade deiner «Federbeine» und «Federarme» in alle Richtungen aktiv ausnutzt, dann:
schmeisst du deinen Körper den Absatz hoch, dein Bike kommt nach.
pumpst du dich mit viel Schwung aus einer Senke hoch (à la Pumptrack) (Kompression) und vor der Rockgarden Passage auf der darauffolgenden Kuppe wirst du ganz leicht und locker in den Beinen und Armen (Entlastung) und überrollst die besagte Kuppe sanft.
nimmst du viel Schwung aus einer Kurve mit und rollst mit Leichtigkeit über den nächsten Absatz hoch und wieder runter.
…
Achte auf den Schwung und du wirst sehen, dass du viel weniger häufig über Hindernisse pedalieren musst! Über eine schwierige Sequenz zu pedalieren erfordert eine grosse Koordination zwischen Kraft und Lockerheit im Federelement Bein. Eine Kante hoch zu pedalieren scheitert oft am Durchdrehen des hinteren Rades. Sobald deine Körpermasse stehen bleibt hast du verloren. Bleibt hingegen deinen Körper in Bewegung kommt dein Bike automatisch auch mit!
Die Umsetzung im Gelände ist ein Prozess. Fahr bewusst schwungvoll, gerne auch mal übertrieben schwungvoll. Nutze dazu anfänglich kleinere Hindernisse und einfachere Rockgardens. Rufe dir das Bild der Katze immer wieder mal ins Bewusstsein. «Katze!», und los aufs Bike! Nimm den Schwung mit, egal ob bergaufwärts, flach oder bergabwärts, bleib nie stehen!
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