Fahren auf nassem technischem Untergrund ist eine besondere Herausforderung. Doch wie für viele Herausforderungen im Leben gilt es auch für diese: Sobald man sie meistert, freut man sich darüber und der Spassfaktor überwiegt. Fahren auf rutschigem Untergrund hat viel mit Vertrauen zu tun. Oft ist es reine Kopfsache!
Es gibt drei entscheidende Faktoren, um mit nassem Untergrund klarzukommen: Reifendruck, Bremsdosierung und Entschlossenheit.
Reifendruck:
So wenig Luft wie möglich, so viel Luft wie nötig. Wenig Luft bedeutet viel Grip. Doch (zu) wenig Luft mögen deine Felgen nicht. Hier gilt es die richtige Balance zu finden. Deine untere Reifendruckgrenze hängt von deinem Fahrstil und von deinem Fahrkönnen ab. Vorausschauendes, feinfühliges und aktives Fahren helfen dir deine Felgen bei tiefem Reifendruck zu schonen. Dies bedeutet nicht, dass du auf Geschwindigkeit und Fahrspass verzichten musst, im Gegenteil!* Erkunde selber deine Balance zwischen zu viel und zu wenig Reifendruck heraus und taste dich – deinen Felgen zuliebe - langsam an das untere Limit heran. Benutze hierfür unbedingt tubeless Reifen, ansonsten ist ein «Schlangenbiss» vorprogrammiert. Als Anhaltspunkt für einen sinnvollen Reifendruck probiere folgendes aus: Nimm deinen Daumen (oder einen stumpfen Gegenstand) und drücke ihn mit deinem gesamten Körpergewicht von oben auf den Pneu. Dabei solltest du eben knapp noch die Felgen berühren können. Dieses Setup fühlt sich vielleicht anfänglich schwammig an, doch du wirst sehen, dein Grip ist enorm und das Überrollverhalten top. Probiere es aus, doch achte in der Eingewöhnungsphase auf deine Felgen!
Bremsdosierung:
Blockierst du deine Räder, hast du verloren! Es klingt zwar einfach und trivial. Ist es auch. Doch achte dich mal, wie oft du in Schieflage kommst durch blockierte Räder. Bremsen ist bergab notwendig, doch blockieren verboten (wir sprechen jetzt mal nicht vom Driften). Das gilt für die vordere wie auch für die hintere Bremse. Sobald deine Räder ins Rutschen kommen, ist dein Bike nicht mehr steuerbar und das Gleichgewicht nur noch schwierig zu halten. Wenn du auf einer nassen rutschigen Schlüsselstelle plötzlich unsicher wirst, gibt es drei mögliche Reaktionen: Du willst Tempo rausholen, bremst, deine Räder blockieren, und ein Sturz ist wahrscheinlich. Oder, dir ist bewusst, dass Bremsen eine schlechte Idee ist, du lässt dein Bike rollen und steuerst es durch die Schlüsselstelle. Gut möglich, oder sehr viel wahrscheinlicher als Option eins, dass du die Stelle souverän oder vielleicht auch mit ein wenig Glück geschafft hast! Die letzte Option - diejenige mit dem grössten Erfolgspotential - könnte die folgende sein: Dein Fingerspitzengefühl erlaubt dir eine hochpräzise Bremsdosierung und der Untergrund ist knapp noch derart grippig, um deiner Bremskraft minimal entgegenzuwirken. Beim ersten kleinen Ausrutscher lässt du die Bremshebel reflexartig sofort wieder los. Mit kontrolliertem Tempo und rollenden Rädern hast du soeben die Schlüsselstelle grossartig gemeistert. Bravo!
Dosiere deine Bremskraft so, dass dein Bike zwar bremst, doch auf keinen Fall ins Rutschen kommt. Dafür braucht es viel Fingerspitzengefühl (wichtig: nur Zeigefinger an der Bremse!) und eine automatisierte korrekte Reaktion bei der einen oder anderen Überraschung. E voilà, mehr gibt es hier nicht zu sagen, viel Spass bei der Umsetzung!
Entschlossenheit:
Wie schon erwähnt, fahren bei Nässe hat mit viel Vertrauen zu tun. Beinahe alles ist dabei Kopfsache. Es ist frappant zu spüren wieviel Grip immer noch vorhanden ist, wenn man es wagt, seine Komfortzone zu verlassen. Mit dem richtigen Reifendruck und der korrekten Bremsdosierung lässt sich eine grosse Vielfalt von rutschigem Terrain überrollen, welches anfänglich als unüberwindbar eingeschätzt wurde.
Es verlangt kein Draufgängertum, doch es braucht neben einer gesunden Selbsteinschätzung eine Menge Entschlossenheit. Fahre zur Schlüsselstelle, evaluiere und entscheide dich: go or no go. Wenn du fährst, dann verlasse dich auf deinen Entscheid und fahre entschlossen. Deine Selbsteinschätzung verbessert sich mit der Anzahl Stunden auf dem Bike stetig. Wie bei jeder neuen Herausforderung, beginne bescheiden und freue dich über jeden nassen Untergrund. Dein Vertrauen wächst schnell und plötzlich realisierst du wie viel Spass dir Biken auf rutschigem Untergrund bereiten kann!
* Ein geringer Reifendruck macht auch bei trockenen Bedingungen Sinn. Durch den dadurch erzeugten geringen Rollwiederstand im Gelände macht es dich schnell, es erhöht den Grip und deine Fahrt wird kontrollierter. Natürlich gibt es auch Bedingungen, in welchen du mit mehr Reifendruck besser bedient bist. Dies z.B. in Bikeparks mit Steilwandkurven, Sprüngen und Flowtrails oder bei sehr harter und aggressiver Fahrweise.
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